mord2go – Tödliche Geschichten für unterwges und zwischendurch - von Olaf Fritsche

Morde mit Vergangenheit

von Olaf Fritsche

Die Zeitung hatte nichts Bedeutungsvolles zu berichten. Ein wenig politisches Geplänkel aus dem weit entfernten München und dem noch weiter entfernten Bonn, ein Bericht über Kulenkampffs Fernsehshow vom Vorabend, ein bisschen Tratsch über die gewohnten Eskapaden des Gunter Sachs. Alleine der Wetterbericht war für Deggendorf und Hermann Wallner interessant. Er versprach weiteren Regen.

Wallner faltete das Blatt zusammen und legte es neben das Glas Brombeermarmelade. Noch mehr Regen. Seit gut zwei Wochen schüttete es ohne Unterlass, der Pegel der Donau erklomm Tat für Tag neue Rekordhöhen, und die Böden waren so schlammig, dass die Bauern ihr Vieh nicht aus den Ställen auf die matschigen Weiden treiben konnten. Wallner nahm einen Schluck Kaffee. Zum Glück stand sein Haus nicht an der Donau, sondern ein Stück den Hang hinauf. Und zum Glück war er kein Bauer, sondern brauchte sich nur um die Blumenbeete in seinem kleinen Vorgarten zu sorgen, die bei diesem Wetter absoffen.

Er stellte die Kaffeetasse ab. Vielleicht eine Spur zu heftig, denn ein dröhnendes Getöse ließ das ganze Haus erzittern. Wallner war ein kräftiger Mann, doch ein Erdbeben hervorzurufen, lag jenseits seiner Macht. Folglich musste es einen anderen Grund für den Lärm und das Wackeln geben, und um diesen festzustellen, sah Wallner aus dem Fenster. Auf das, was bis vor wenigen Augenblicken sein Vorgarten gewesen war. Jetzt breitete sich dort, wo eben noch Astern und Stiefmütterchen um bunte Aufmerksamkeit gewetteifert hatten, eine unifarbene Masse matschigen Erdreichs aus.

„Teufel auch!“, entfuhr es Wallner, und er schlug hastig ein Kreuz, um den Fluch auszugleichen und aus Dankbarkeit, dass die Schlammlawine rechtzeitig Halt gemacht hatte, bevor sie sein Haus erreicht hatte. Ein zweites Kreuz schlug er, als er genauer hinsah und erkannte, worum es sich bei der seltsam geformten Baumwurzel, die nun den Platz seiner Begonien einnahm, in Wirklichkeit handelte. In seinem Vorgarten lag eine Leiche.


„Ist schon lange tot, Hermann“, stellte Hauptwachtmeister Eder fest, als er eine halbe Stunde später tropfend in Wallners Küche stand.

„Also kein Wanderer oder einer aus dem Ort?“, hakte Wallner sicherheitshalber nach.

Er war ein gottesfürchtiger und gesetzestreuer Bürger, und mit Leichen hatte er allenfalls von Ferne zu tun, wenn er an der Beisetzung eines Nachbarn oder Bekannten teilnahm.

„Was macht er dann ausgerechnet in meinem Vorgarten?“

„Nicht mehr viel.“

Eder zog einen Stuhl vom Tisch in die Pfütze zu seinen Füßen und setzte sich.

„War wohl ein Stückchen weiter oben verscharrt und ist bei dem Erdrutsch ans Freie gekommen. Kann ich mal telefonieren? Muss den Oberhuber anrufen, damit er als Arzt die Leiche untersucht. Und den Seidel.“

„Den Seidel?“

Zum dritten Mal an diesem Morgen war Wallner zutiefst überrascht.

„Was soll der denn hier? Ist der nicht so ein Altertumsmensch, so ein Archäologe?“

„Eben drum.“

Eder versuchte, sich das Gesicht mit einem durchnässten Taschentuch abzutrocknen.

„Denke, wir können in diesem Fall einen Archäologen brauchen. Ich sag doch, die Leiche ist schon länger tot. Viel länger. Die hat sogar noch Teile einer Ritterrüstung an.“


„13. Jahrhundert schätze ich.“

Horst Seidel legte ein paar der Fotos, die er am Tag des Leichenfundes geschossen hatte, vor Hauptwachtmeister Eder auf dessen Bürotisch.

„Nach der Art zu schließen, wie seine Rüstung gearbeitet ist, war das zu Lebzeiten ein großes Tier. Wenigstens mittlerer Adel.“

„Hat ihm am Ende aber nicht viel genützt“, warf Dr. Oberhuber ein.

Er lehnte mit verschränkten Armen am Türpfosten. Obwohl er als Arzt immer wieder mit Sterbenden und Toten zu tun hatte, war es ihm nie gelungen, die Beklommenheit beim Anblick einer Leiche abzulegen. Vor allem nicht, wenn sie so zugerichtet war wie diese.

„Den Schädel hat man ihm eingeschlagen! Mit einem stumpfen Gegenstand und so großer Wucht, dass die Knochenplatten völlig zertrümmert sind und wie Puzzleteile in der Schädelhöhle herumlagen.“

„Das sieht man hier sehr deutlich.“

Seidel drückte den Zeigefinger auf eines der Fotos.

„Ein Schwert oder eine Axt machen nicht solche Wunden. Unser Mann ist also nicht in einem Krieg oder Duell gefallen. Das hier war Mord. Und ich wette, er wurde aus dem Hinterhalt erschlagen.“

„Und wer war er? Hat er einen Namen?“

Eder schaute Seidel, dann Oberhuber und schließlich wieder Seidel an.

„Daran arbeite ich noch“, antwortete der Archäologe ein wenig kleinlaut.

Er schob seine Fotos wieder zusammen und nahm sie an sich.

„Dafür muss ich ein paar Archive durchwühlen. Nachforschen, welcher Ritter vor 700 Jahren spurlos im Raum Deggendorf verschwunden ist.“


Als der zuständige Archäologe für die Region von Donau und Isar am Fuße des Bayerischen Waldes wusste Seidel natürlich von der Fehde der Grafen von Bogen mit den bayerischen Herzögen und Bischöfen um diverse Besitzansprüche, darunter auch Gebiete der Grafschaft Deggendorf. Er vermutete, dass der schlammige Ritter aus Wallners Vorgarten im Zuge der Streitereien im 13. Jahrhundert irgendwie an den Falschen geraten und hinterrücks ermordet worden war. Doch damals hatten sich gleich mehrere Adelshäuser über Generationen in den Haaren gelegen, sodass sogar ein donnerndes Machtwort von Kaiser Heinrich VI. nur vorübergehend die Müter dämpfen konnte. Aus dem Kopf konnte Seidel nicht sagen, welcher Edelmann wann und wo auf mysteriöse Weise verschollen war. Da auch seine kleine Bibliothek zu Hause nicht weiterhalf, setzte er sich in seinen VW Käfer und knatterte nach Passau und Regensburg.

Hier stieß er in den Stadtarchiven zum ersten Mal auf eine Ungereimtheit, in die eines der Deggendorfer Kloster verwickelt war. Außerdem fand er Andeutungen auf eine Geheimgesellschaft, die sich Opus maxissimum nannte und damals anscheinend in vielen Orden sehr engagiert und zuweilen mit einem ausgesprochenen Mangel an Nächstenliebe die vermeintlichen Interessen der Kirche vertrat. Es könnte sich lohnen nachzuforschen, ob dieser Bund auch in Deggendorf aktiv war, überlegte Seidel. Also fuhr er zurück und vertiefte sich in den folgenden Tagen in die mittelalterlichen Schriften der Klosterbibliotheken und Kirchen im Landkreis.

Nach und nach wurde das Bild der Ereignisse im 13. Jahrhundert klarer. In groben Zügen konnte Seidel bereits sagen, warum der Ritter erschlagen worden war. Kriminalistisch gesprochen kannte er gewissermaßen das Motiv. Außerdem war er fest überzeugt, dass Opus maxissimum hinter der Tat stand, und er hatte sogar einen konkreten Verdacht, wer der Mörder gewesen war. Was ihm noch fehlte, war der Name des Opfers. Doch bevor er den nicht kannte, wollte er nicht zur Polizei gehen.

Er war ein Freund großer Auftritte, und es würde viel mehr Eindruck machen, wenn er Hauptwachtmeister Eder den gesamten gelösten Fall lässig auf den Schreibtisch werfen könnte, als wenn er die Indizien tröpfchenweise einreichte. Obendrein würde er die Presse benachrichtigen. Immerhin ging es um einen Mord, der vor 700 Jahren begangen wurde, und er hatte ihn ganz alleine aufgeklärt. Horst Seidel - der Kriminalarchäologe! Das klang gut! Er sollte ein frisches Hemd anziehen, wenn die Presse kam. Bestimmt würden die einen Fotografen schicken. Sobald er den Namen des Ritters hatte, würde er bei der Zeitung anrufen. Alles, was er dafür noch tun musste, war ein Besuch im letzten Archiv auf seiner Liste. In den Unterlagen dort würde er sicherlich den Namen finden.

Die Marktfrau, die am nächsten Morgen Seidels zerschmetterten Körper direkt am Fuße der Grabkirche entdeckte, brauchte den halben Vormittag und drei kräftige Kräuterliköre, bis sie vernommen werden konnte. Doch mehr als das, was ohnehin offensichtlich war, konnte sie nicht zur Klärung dieses neuerlichen Rätsels beitragen.

Der Archäologe war tot. Aus einem unerfindlichen Grund, der wohl für immer sein Geheimnis bleiben würde, war er auf den Kirchturm gestiegen und von der Glockenebene herab gesprungen, gefallen oder gestoßen worden. Statt eines ungeklärten Mordes hatte Deggendorf nun derer zwei. Und nicht der Hauch einer Spur deutete an, wie die beiden zusammenhingen.


„So viel steht schon in den Akten, Frau Gmeiner.“

Oberkommissar Fischer spielte ungeduldig mit seinem Bleistift.

„Was Sie uns da gerade erzählt haben, hat bereits der Kollege Eder vor 50 Jahren herausgefunden. Sie sagten doch, Sie könnten uns helfen, die Mordfälle endlich aufzuklären.“

Er stoppte das Spiel mit dem Stift, legte ihn auf dem Schreibtisch ab und beugte sich nach vorne.

„Kommt da also noch etwas? Oder haben Sie Ihr Pulver schon verschossen?“

Sein bohrender Blick verunsicherte Ina Gmeiner sichtlich. Nervös senkte sie den Kopf. Der Gang zur Polizei war ihr nicht leichtgefallen. 64 Jahre hatte sie mit ihrem Mann zusammengelebt, bis er vor einem Monat dahingeschieden war. 64 Jahre, in denen sie ihn für einen liebevollen Ehegatten, guten Christen und gewissenhaften Kirchner gehalten hatte. 64 Jahre, in denen sie nichts von seinem dunklen Geheimnis geahnt hatte. All die Zeit hatte er diese schwere Sünde mit sich herumgetragen und vor ihr verschwiegen. Erst jetzt, als sie beim Aufräumen auf dem Speicher in einer alten Holztruhe seine Tagebücher gefunden und gelesen hatte, war sie auf das gestoßen, was er nicht einmal zu beichten gewagt hatte. Wie schwer musste ihm diese Bürde gewogen haben?

Für Ina Gmeiner wog sie zu schwer. Über eine Woche hatte sie daran getragen, hatte das Wissen über das Vergehen ihres Mannes sie niedergedrückt. Bis sie es nicht mehr aushielt. Sie musste es jemandem erzählen. Musste sich von der Seele reden, was eben diese Seele belastete.

Ina Gmeiner atmete tief ein und aus. Das Atmen fiel ihr noch schwerer als sonst.

„Sehen Sie,“ sagte sie leise, „mein Mann hat den Seidel getötet. Er hat ihn auf den Kirchturm gelockt und dann hinabgestoßen.“

Eine Weile war es still im Büro von Oberkommissar Fischer. Dann räusperte sich der Polizist.

„Sie … Sie sind sich bewusst über die Tragweite dieser Aussage?“, fragte er schließlich.

Seine Stimme klang nun weit weniger gereizt und ungeduldig.

„Natürlich.“

Ina Gmeiners Lippen bebten, doch sie hatte sich entschlossen, alles ans Licht zu bringen, selbst wenn es einen Schatten auf das Andenken ihres Mannes werfen sollte. Mit leicht zitternden Händen nestelte sie am Verschluss ihrer Handtasche, öffnete sie und zog ein vergilbtes Notizbuch hervor.

„Das Tagebuch meines Mannes. Hier steht alles drin.“

Sie legte das Buch auf den Schreibtisch und schob es ein Stückchen auf Fischer zu. Der Kommissar tat so, als bemerke er es nicht.

„Was genau steht denn da?“, fragte er stattdessen.

„Na, alles.“

Ina Gmeiners Finger spielten weiter nervös mit dem Verschluss der Tasche. „Wie der Horst Seidel eines abends an unsere Tür geklopft und ins Archiv gewollt hat. Ich war gerade damit beschäftigt, das Nachtmahl zu richten, und hörte, wie mein Mann den Schlüssel nahm und beide raus sind. In dem Tagebuch steht dann, dass der Seidel beim Durchsehen der Handschriften immer aufgeregter wurde. Er hat meinem Mann erzählt, dass er nun endlich alles beisammen hätte. Und dass die Tat zwar 700 Jahre in der Vergangenheit liegt, aber trotzdem noch Konsequenzen für heute hätte.“

Oberkommissar Fischer lehnte sich in seinem Stuhl weit zurück und legte die Fingerspitzen aneinander.

„Immer schön der Reihe nach!“, gebot er.

„Bleiben wir zuerst einmal bei dem Fall mit dem Ritter. Wusste Seidel, um wen es sich dabei handelte?“

Ina Gmeiner nickte eifrig. Es war richtig gewesen herzukommen. Jetzt, wo sie sich alles von der Seele reden konnte, fühlte sie sich mit jeder Minute leichter.

„Es war einer von diesen Bogen-Verwandten. Den genauen Namen habe ich vergessen, aber er hatte ein schönes Stück Land geerbt, hier bei Deggendorf. Doch als er ankam, um es zu begutachten, stellte er fest, dass man seine Bauern fortgejagt hatte.“

„Fortgejagt?“, unterbrach sie der Kommissar.

„Wer hat das getan?“

„Sie werden es nicht glauben!“, prophezeite Ina Gmeiner.

Sie hatte sich langsam in Fahrt geredet, und ihre Augen leuchteten, als sie fortfuhr.

„Es war der Abt des Klosters! Stellen Sie sich das einmal vor! Ein Mann der Kirche! Aber nicht nur der normalen Kirche. Er hatte zusätzlich so einem Geheimorden angehört. Der Name steht auch in dem Buch. Alles steht darin.“

Sie wies mit dem Zeigefinger energisch auf das Tagebuch, doch Fischer ignorierte es weiterhin. Also fuhr Ina Gmeiner mit ihrer Erzählung fort.

„Der Orden hatte es sich zum Ziel gesetzt, den Reichtum und die Macht der Kirche mit allen Mitteln zu mehren. Darum hatte der Abt befohlen, eine gefälschte Schenkungsurkunde anzufertigen und die Grenzsteine zu versetzen, sodass es so aussah, als würden die Ländereien des Ritters dem Kloster gehören. Doch der Ritter dachte nicht daran, sich bestehlen zu lassen, und so kam es zu einem heftigen Streit zwischen ihm und dem Abt.“

Unbewusst ballte Ina Gmeiner die Hände zu Fäusten.

„Als der Ritter abziehen wollte, vermutlich um Beistand zu holen, erschlugen ihn die Mönche mit einem großen Holzkreuz.“

Sie hob ihre Hände ein wenig in die Höhe und schaute mit leerem Blick an die Zimmerdecke.

„Mit einem Kreuz wie das, an das der Heiland genagelt wurde, haben sie einen Mord begangen.“

Sichtlich erschüttert von der Bedeutung ihrer Worte ließ sie die Hände sinken und schaute auf das Tagebuch, das von dieser ungeheuerlichen Sünde berichtete. Oberkommissar Fischer ließ sich keine Gefühlsregung anmerken.

„Und wieso meinte der Seidler, dass diese Tat noch bis in unsere Zeit Folgen haben sollte?“, fragte er ruhig.

Ina Gmeiner sah ihn einen Moment lang an, als verstehe sie die Frage nicht.

„Ja, begreifen sie denn nicht?“, sagte sie.

„Als sie den toten Ritter in einem Feld am Hang verscharrt hatten, gab es keine Zeugen mehr, dass sie sich das viele Land gestohlen hatten. Aber trotzdem gehörte es ihnen doch nicht, sondern den Erben des Ritters. Und deren Erben. Bis zum heutigen Tag. Mein Mann schreibt, wenn das rauskäme, müsste das Kloster alles zurückgeben. Und dann wäre es pleite. Wahrscheinlich müsste es sogar schließen.“

Ihre Stimme wurde zum Schluss hin immer leiser.

„Und darum hat Ihr Mann beschlossen, den Seidler umzubringen?“, hakte Fischer nach.

Zunächst nickte Ina Gmeiner nur wortlos. Dann holte sie tief Luft und fuhr fort.

„Mein Mann … Er war auch Mitglied in dieser Geheimgesellschaft. All die vielen Jahre. Und er hat mir nie etwas davon gesagt.“

Sie tupfte sich mit dem Ärmel eine Träne aus dem Auge.

„Er hat dem Seidler gesagt, dass oben in der Glockenkammer an einigen Steinen seltsame Symbole eingemeißelt sind, und hat gefragt, ob die vielleicht auch mit diesem Orden zu tun haben könnten. Da wollte der Seidler die Zeichen sehen und ist mit meinem Mann rauf in den Turm. Und dort … Mein Mann muss den Seidel direkt an die Öffnung gelockt haben … Nur ein kleiner Stoß … Oh, Gott! Du sollst nicht töten! … nicht töten!“

Sie verstummte. Oberkommissar Fischer wartete eine Weile, doch Ina Gmeiner sagte nichts weiter.

„Haben Sie außer mir noch jemandem davon erzählt?“, wollte er wissen.

„Oder haben Sie jemandem das Tagebuch gezeigt?“

Ina Gmeiner schüttelte stumm den Kopf. Der Kommissar erhob sich und ging langsam zu der Garderobe an der Wand.

„Das ist alles sehr aufschlussreich“, sagte er.

Behutsam nahm er Ina Gmeiners Mantel vom Haken, während sie vor sich hin starrte.

„Tatsächlich habe ich selbst Kenntnis von dieser Geheimgesellschaft. Opus maxissimum heißt sie.“

Mit dem Mantel in Händen schritt er gemächlich auf Ina Gmeiner zu.

„Und ich weiß, dass Ihr Mann dort ein geschätztes und treues Mitglied war, stets bereit, jedes Opfer auf sich zu nehmen, um seine Pflicht zu tun.“ Er trat nun hinter die alte Frau.

„Frau Gmeiner, Sie würden uns beiden das, was gleich kommt, sehr erleichtern, wenn Sie entspannt blieben“, sagte er in einem viel freundlicheren Tonfall, als er bis zu diesem Zeitpunkt angeschlagen hatte.

„Sie werden jetzt leider einen Herzanfall erleiden. Ihr Mann hatte recht getan, die Ländereien müssen bei der Kirche bleiben.“

Er hob den Mantel über die Frau und presste ihn ihr ins Gesicht. Volle drei Minuten hielt er das Kleidungsstück vor ihren Mund und Nase. Nur die ersten Sekunden hatte Ina Gmeiner mit Armen und Beinen gezappelt. Kraftlos. Ohne jede Chance gegen den erfahrenen Mann.

Als Oberkommissar Fischer sicher war, dass sie tot war, hängte er den Mantel zurück an den Garderobenhaken, griff zum Telefon und wählte die Nummer des Notdienstes. Während er wartete, ließ er das Tagebuch in einer Schublade seines Schreibtisches verschwinden.

Die Zahl der ungeklärten Morde in Deggendorf war auf drei gestiegen.