mord2go – Tödliche Geschichten für unterwges und zwischendurch - von Olaf Fritsche

Eine Mordsreporterin

von Olaf Fritsche

„Kommissar Stengard! Das ist aber eine Überraschung!“ Mareike Svenson öffnete mit einem strahlenden Lächeln die Tür ihres kleinen Häuschens. „Kommen Sie doch rein, bitte!“

Stengard lächelte ein wenig schüchtern zurück und trat sich gründlich auf der Fußmatte die Schuhe ab, bevor er der Einladung folgte.

„Ich hoffe, ich störe Sie nicht, Frau Svenson.“ Er drehte sich zu ihr um. „Es ist nur so … Wie soll ich sagen? … Es geht um den Mord im Hafen. Sie haben darüber berichtet. Und wir … Nun ja, …“

„Sie stecken mit den Ermittlungen in einer Sackgasse.“ Mareike wies mit der ausgestreckten Hand auf eine offen stehende Tür am anderen Ende des Hausflurs. „Bitte gehen Sie doch durch ins Wohnzimmer. Ich mache uns nur schnell einen Tee und komme dann nach.“

Sie verschwand in der Küche. Stengard blieb unschlüssig im Flur stehen.

„Schwarzen oder grünen?“, rief sie.

„Wie bitte?“

„Tee! Mögen Sie lieber schwarzen oder grünen?“

„Ach so! Schwarzen, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“

„Mit Milch und Zucker?“

„Am liebsten mit einem Schuss Zitrone, falls das möglich ist“

„Ganz wie Sie wünschen.“

Aus der Küche ertönte das Blubbern eines Wasserkochers. Kurz darauf piepte es, und Stengard hörte, wie heißes Wasser in zwei Becher gegossen wurde.

„Huch! Sie stehen ja immer noch hier“, sagte Mareike, als sie mit einem dampfenden Becher in jeder Hand aus der Küche trat. „Lassen Sie uns doch in die gute Stube gehen. Da ist es gemütlicher.“

Sie schob sich an ihm vorbei ins Wohnzimmer. Der Raum war für ein Haus mit diesen Maßen erstaunlich groß. An der Südwand reichten riesige Fensterscheiben bis zum Fußboden und tauchten das Zimmer in helles Tageslicht, sodass Stengard den Eindruck hatte, ins Freie zu treten.

„Schön haben Sie es hier“, sagte er anerkennend, während er sich am Esstisch auf einen Stuhl aus massivem Kiefernholz setzte.

„Ja, nicht?“ Mareike stellte vor ihm einen der Becher ab. „Ich stecke alles, was ich verdiene, in das Häuschen. Es ist mein ein und alles – und meine Altersvorsorge.“ Sie lachte und pustete über ihren Becher. „Der Tee muss noch ziehen. Zitrone ist aber schon drin.“

Stengard schaute aus dem Fenster. Ein kleiner Garten erstreckte sich dort. Es waren nur wenige Quadratmeter, doch offensichtlich wurde er fleißig bearbeitet. An allen Ecken blühten Sträucher und Blumen, und ein großes Beet war frisch angelegt.

„Also, hatte ich recht?“ Mareike sah den Kommissar über den Rand ihrer Tasse an.

„Recht womit?“ Stengard riss sich vom Garten los und schaute seiner Gastgeberin ein wenig verwirrt ins Gesicht.

„Na, dass Sie bei dem neuesten Mord nicht vorankommen.“

„Ach, das … Ja, das … Das ist leider so.“

„Und nun haben Sie sich überlegt, ob Sie als gestandener Kriminalkommissar eine kleine Gerichtsreporterin eines unbedeutenden Lokalblatts um ein wenig Hilfe bitten dürfen.“

„So in der Art, ja.“

Stengard fühlte sich ertappt. Betreten schaute er auf seinen Teebecher, dann auf den Parkettboden, und schließlich zog es seinen Blick wieder in den Garten.

„Sie … Ihre Artikel … Also, ich hatte beim Lesen öfter den Eindruck, dass Ihre Recherchen mit meinen Ermittlungen durchaus mithalten konnten.“ Seine Mundwinkel zuckten unwillkürlich. „Manches Mal kam es mir sogar vor, als wären Sie mir ein oder zwei Schritte voraus.“

Mareike lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, hob den rechten Fuß auf die Sitzfläche und schob ihn sich unter das Gesäß.

„Vielen Dank, Herr Kommissar“, sagte sie. „Ich nehme das als Kompliment.“

„Wie machen Sie das?“

Stengard sah sie jetzt wieder direkt an. Mareike wiegte belustigt den Kopf leicht hin und her.

„Na, wie jeder gute Reporter. Ich höre mich um, zapfe ein paar Quellen an, suche nach neuen Informanten.“

„Ich wüsste gerne, wer diese Informanten sind.“ Stengard richtete sich auf seinem Stuhl auf.

„Ich denke, wir sollten jetzt die Beutel rausnehmen, sonst wird der Tee zu stark.“ Mareike legte ihren Teebeutel in ein Keramikschälchen, das auf dem Tisch stand, und schob es anschließend ein Stückchen zum Kommissar rüber. Indem sie kurz das Kinn vorreckte, bedeutete sie Stengard, dass er es ebenso machen sollte.

„Es tut mir leid, Herr Kommissar“, sagte sie ruhig, während er den Beutel zum Abtropfen einen Moment über den Becher hielt. „So gerne ich Ihnen helfen möchte, aber meine Quellen gebe ich nicht preis.“

„Warum nicht?“

Die Frage klang schroffer, als Stengard beabsichtigte. Doch Mareike schien es nicht zu bemerken.

„Weil niemand mehr mit mir reden würde, wenn herauskommt, dass ich alles inklusive Namen an die Polizei weiterleite“, antwortete sie.

Stengard schwieg. Ihm war klar, dass er keine Handhabe hatte, eine Journalistin zu zwingen, ihm mehr zu sagen, als sie freiwillig verraten wollte. Außerdem war er auch gar nicht deswegen gekommen.

„Vielleicht wären Ihre Quellen aber bereit, mir bei diesem Fall ein wenig unter die Arme zu greifen.“

„Vielleicht.“ Mareike nahm ihren Becher auf und nippte an dem Tee. „Vorsicht! Ist noch heiß!“

Auch Stengard probierte einen kleinen Schluck. Im Grunde war ihm nicht nach Tee oder Kaffee, aber er wollte nicht als Spielverderber gelten. Vor allem nicht, wenn er auf das Wohlwollen seines Gegenübers angewiesen war.

„Auf welchem Stand sind Ihre Ermittlungen denn momentan?“, fragte Mareike.

Stengard nahm einen weiteren Schluck und verbrannte sich die Zunge, verzog aber nur kurz das Gesicht. Ob er den Tee nun mochte oder nicht, war egal. Vielmehr kam es darauf an, endlich in Sachen Hafenmord voranzukommen.

„Ich weiß nicht, wie viel ich Ihnen verraten darf“, wandte er auf Mareikes Frage ein.

„Nun gut.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Dann wird es aber schwierig, Ihnen zu helfen, wenn Sie mir nicht sagen, wie.“

Da war etwas dran, stellte Stengard fest. In Wahrheit hatte er sich schon entschieden, sein Wissen mit der Reporterin zu teilen, als er beschloss, sie aufzusuchen.

„Versprechen Sie mir, nichts von dem, was ich Ihnen erzähle, für Ihre Artikel zu verwenden?“, fragte er.

„Ich verspreche gar nichts.“ Mareike hob ihren Teebecher an. „Jetzt ist die Temperatur richtig. Trinken Sie ruhig.“

Stengard folgte der Aufforderung.

„Um ehrlich zu sein, bin ich mit meinen eigenen Recherchen schon ziemlich weit gekommen“, berichtete Mareike, während Stengard seinen Becher leerte. „Wenn Sie ähnlich viel wüssten wie ich, würden Sie wohl kaum hier sitzen.“

Stengard presste die Lippen aufeinander. Unschlüssig, ob er sich mehr über die direkte Art ärgern sollte, mit der die Reporterin zielsicher ihren Finger in die Wunde legte, oder darüber, dass es stimmte, was sie sagte.

„Nun gut.“ Er stieß einen Seufzer aus. „Also, wir haben die Leiche des Fischers Arne Janmussen. Einer seiner Kollegen hat ihn vor drei Tagen früh um halb vier im Hafenbecken treiben sehen. Völlig verheddert in sein eigenes Krabbennetz. Zuerst sah alles nach einem Unfall aus, doch der Gerichtsmediziner stellte am Hinterkopf eine Wunde fest, die ihm kurz vor seinem Tod mit einem stumpfen Gegenstand beigebracht wurde. Zeitpunkt des Todes war der späte Abend am Tag davor. Es gibt keine Zeugen und keine weiteren Spuren.“

Mareike hörte mit gesenktem Blick zu. Als Stengard seine kurze Zusammenfassung beendet hatte, stand sie auf, griff die beiden Becher und ging damit in Richtung Küche.

„Ich mach’ uns noch einen Tee“, rief sie. „Wir können aber weiterreden, ich kann sie dort hören.“

Stengard drehte sich auf seinem Stuhl ein Stück herum. Ihm stand der Sinn weder nach Tee noch nach einer Unterhaltung durch mehrere Räume.

„Was haben Sie bisher unternommen, um den Täter zu finden, der Janmussen niedergeschlagen und ins Wasser geworfen hat?“, fragte Mareike aus der Küche heraus.

„Das übliche.“ Stengard überlegte, ob er ihr folgen oder sitzen bleiben sollte. Er entschied sich für sitzen bleiben und hob darum die Stimme. „Spurensicherung auf dem Kutter, Befragung aller Fischer und Mitarbeiter am Hafen, Gespräche mit Freunden und Bekannten. Auch mit den Natur- und Tierschützern in der Gegend. Weil einige von denen nicht gut auf Fischer zu sprechen sind. Hat alles nichts gebracht. Keiner weiß von nichts.“

„Und das ist wirklich alles?“ Mareike erschien in der Wohnzimmertür und lehnte sich an den Türrahmen. Im Hintergrund begann das Wasser zu blubbern.

„Tja!“ Stengard betrachtete die Spitzen seiner Schuhe. „Deshalb bin ich ja hier.“ Er sah zu ihr auf und versuchte, nicht allzu flehentlich zu wirken. „Haben Sie vielleicht mehr?“

Das Blubbern wurde lauter und klang nach einem Klacken ab.

„Moment, der Tee!“

Mareike verschwand aus dem Türrahmen. Eine halbe Minute später erschien sie wieder mit den dampfenden Bechern. Sie setzte sich erneut mit untergeschlagenem Bein auf ihren Platz, bevor sie antwortete.

„Ich habe tatsächlich mehr. Eine ganze Menge.“ Sie schwenkte den Becher sanft im Kreis. „Was wollen Sie denn genau wissen?“

„Na, alles, was Sie haben!“ Stengard rutschte vor bis zur Kante des Stuhls. „Was ist da passiert? Warum musste Janmussen sterben? Und wer war der Mörder?“

Mareike lächelte. Einen Moment dachte sie nach. Entweder um zu überlegen, wie viel sie preisgeben sollte, oder um ihre Aussage im Geiste vorzuformulieren.

„Gut, dann fangen wir mal mit dem Tathergang an“, sagte sie, und Stengard beugte sich auf den Tisch gestützt vor, um keines ihrer Worte zu verpassen.

„Arne Janmussen hatte die Angewohnheit, später am Tag rauszufahren als die anderen Fischer. Er blieb länger draußen, kam später wieder rein und war deshalb in der Regel als letzter im Hafen. – Oh, ich habe auch Kekse!“

Sie sprang so plötzlich auf, dass Stengard zusammenzuckte und auf seinem Stuhl nach hinten ruckte.

„Ist nur noch Schokokeks da“, rief sie von der bücherbeladenen Kommode an der Querwand des Zimmers. „Sind aber noch nicht abgelaufen. Wissen Sie, manchmal vergesse ich, solche Sachen rechtzeitig aufzuessen.“

Sie öffnete die Packung und schüttete die Hälfte des Inhalts auf einen Teller, den sie zu den Bechern auf den Tisch stellte.

„Wir waren bei dem Tatabend …“, erinnerte Stengard sie.

„Nur wenn Sie ein paar Kekse knabbern und meinen Tee trinken“, lachte Mareike. „So ist der Deal.“

Etwas widerwillig nahm sich Stengard einen Keks und biss davon ab. Er mochte keine Schokolade, und der Tee kam ihm trotz der Zitrone zu bitter vor. Aber wenn das der Preis war, um diesen verflixten Mordfall zu lösen, war er bereit, ihn zu bezahlen.

„Gut, der Tatabend.“ Mareike lümmelte sich auf ihren Stuhl. „Als der Täter in den Hafen kam, war Arne Janmussen also wie so oft als einziger dort. Es entwickelte sich ein Gespräch zwischen den beiden, der Täter kam an Bord des Kutters, Janmussen arbeitete weiter, um bald nach Hause zu können, da schlug ihm der Täter mit einem Bootshaken von hinten auf den Kopf. Janmussen stürzte vornüber in sein Netz. Der Täter nutzte aus, dass er bewusstlos war und ließ das Netz ins Wasser. Er wartete mit dem Bootshaken in der Hand noch eine Viertelstunde, um sicherzugehen, dass Janmussen sich nicht wieder berappelt, dann machte er sich aus dem Staub. Den Bootshaken nahm er mit und warf ihn auf einen anderen Kutter, weil da seine Fingerabdrücke drauf sein könnten. – Lassen Sie Ihren Tee nicht kalt werden!“

Stengard nahm hastig einen großen Schluck.

„Und so ist es wirklich gewesen?“, fragte er.

„So und nicht anders! – Noch Kekse!“

Stengard biss vom nächsten Keks ab und spülte ihn mit Tee herunter.

„Aber wenn es keine Zeugen gab, woher wissen Sie das alles dann so genau?“

Mareike lächelte. Sie reckte den Hals und schielte in den Becher des Kommissars. Er war mehr als zur Hälfte geleert.

„Nun gut“, sagte sie offensichtlich zufrieden. „Jetzt kann ich es Ihnen ja verraten: Ich bin’s gewesen. Ich habe Arne Janmussen umgebracht.“

„Sie?“ Irritiert nahm Stengard ohne Aufforderung einen weiteren Keks. „Aber das ist doch Unsinn. Warum sollten Sie das tun? Sie hatten doch gar keinen Grund dafür.“

Mareike lachte erneut laut auf, doch dieses Mal klang ihr Lachen nicht fröhlich, eher verbittert.

„Kein Motiv!“, stieß sie spöttisch hervor.“ Los, trinken Sie Ihren Tee! Dann verrate ich Ihnen, welches Motiv ich hatte.“

Stengard gehorchte. Er war gekommen, um Antworten zu finden, und nun fand er sich lauter neuen Rätseln gegenüber.

Mareike nickte zufrieden.

„Haben Sie eine Ahnung, wie oft in diesem Kaff etwas Interessantes geschieht? Etwas, das größer ist als ein umgefahrenes Verkehrsschild oder ein aufgebrochenes Ferienhäuschen?“ Sie beugte sich so weit zu Stengard vor, das er den Geruch des Tees in ihrem Atem wahrnahm. „Seien wir doch mal ehrlich: Das hier ist der hinterletzte Abstellhof der Welt. Besonders, wenn man als Reporterin eine richtig gute Story haben will.“

„Und deshalb haben Sie …“

„Es hat ja sonst keiner getan.“ Mareike setzte sich mit Schwung zurück. „Das sind hier doch alles Waschlappen, die nicht weiter denken können als bis zu ihren Kohlköpfen und sauren Heringen. Wenn ich etwas Schwung in der Bude haben wollte, musste ich das wohl oder übel selbst in die Hand nehmen.“ Sie verschränkte genüsslich die Arme vor der Brust. „Und hat doch geklappt. Ein, zwei kleine Morde im Jahr, und schon lebt es sich hier viel aufregender.“

„Ein, zwei … Soll das etwa heißen, dass …“

„Was haben Sie denn gedacht? Dass Janmussen mein erster war?“ Mareikes Stimme klang leicht hysterisch. „Mensch, Kommissar! In den letzten drei Jahren ist hier im Landkreis keiner ohne mein Dazutun gewaltsam über den Jordan gegangen!“

Stengard bekam eine trockene Kehle. Er wollte dagegen einen Schluck Tee nehmen, doch der Becher war leer. Entweder saß ihm gegenüber eine Verrückte oder eine Serienmörderin.

„Auch der … der Wirt von der Steifen Brise?“, fragte er nach dem ersten ungelösten Mordfall, der ihm in den Sinn kam.

„Den habe ich mit seinem eigenen Pick-up buchstäblich zu Matsch gefahren“, antwortete Mareike ohne Zögern. „War eine ziemlich Sauerei. So mache ich das nicht noch einmal. Da hatte ich eine Panne mit meinem Auto vorgetäuscht, und er hatte mir die Schlüssel für seinen Wagen gegeben, damit ich nach Hause fahren konnte. Ich sollte ihm das Auto am nächsten Tag zurückbringen, wenn meines in die Werkstatt kam. Stattdessen habe ich die Gelegenheit anderweitig genutzt.“

Stengard legte die Handflächen auf den Tisch, um sich zu stabilisieren. Ihm wurde schummrig, wenn er hörte, wie kaltblütig die Reporterin von ihren Morden erzählte.

„Was ist mit dem Jäger vorigen Oktober?“

„Dem habe ich vorgegaukelt, ich wolle ein Porträt von ihm für die Zeitung schreiben. Er hat mir gezeigt, wie so ein Gewehr funktioniert, und ich habe es gleich an ihm ausprobiert.“ Mareike verzog das Gesicht. „Was ich nicht geahnt habe, war, dass ihm sein Hund das halbe Bein wegfressen würde, bevor er gefunden wurde.“

Die Welt drehte sich immer schneller um Stengard. Ihm kam die Situation zunehmend surreal vor, doch alles, was die Reporterin aussagte, passte haargenau zu den Morden. Und vieles davon konnte nur der Täter wissen.

„Der Mollensen-Bauer?“

„Ich wollte schon immer mal Dreschmaschine fahren.“

„Die alte Klüver?“

„Hat zufällig mitbekommen, wie ich den Hein in die Jauchegrube befördert habe. Da musste sie in ihrer eigenen Badewanne ertrinken.“

Stengard schloss die Augen. Hein Bleeker hatte er noch gar nicht als Mordopfer auf der Liste gehabt. Bislang wurde er lediglich als vermisst geführt.

Er spürte, wie sein Herz immer stärker pumpte. Ihm war gar nicht wohl. Besser, sie führten das Gespräch auf dem Kommissariat weiter. Vielleicht sogar erst morgen, wenn er einigermaßen verkraftet hatte, auf was er hier gestoßen war. Aber verhaften musste er diese Gewohnheitsmörderin auf der Stelle. Wer weiß, was sie sonst noch anstellte, wenn sie auch nur einen weiteren Tag frei herumlief.

„Mareike Svenson, hiermit nehme ich Sie fest wegen des Mordes an …“

„Ach, Herr Kommissar“, unterbrach Mareike ihn. „Glauben Sie im Ernst, ich hätte Ihnen das alles erzählt, um hinterher brav mit Ihnen zur Polizeistation zu fahren und mich einsperren zu lassen?“ Dieses Mal klang ihr Lachen wieder ausgesprochen gut gelaunt. Stengard schaffte es kaum, die Augen zu öffnen, um ihr ins Gesicht zu sehen. „Es würde mich wundern, wenn Sie ohne Hilfe von dem Stuhl aufstehen könnten, so viel Gift haben Sie getrunken. Eigentlich reicht ja ein Becher, aber gleich zwei? Das haut selbst einen Elefanten um.“

Stengard fiel der Kopf auf die Brust. Natürlich! Der Tee! Aber wie hätte er ahnen sollen, dass …

„Wissen Sie was?“ Mareikes Begeisterung drang nur gedämpft zu ihm durch. „Weil Sie so schön mitgespielt haben, dürfen Sie sich aussuchen, welche Blumen ich auf Ihrem Grab pflanzen soll. Das frische Beet in meinem Garten haben Sie ja schon gesehen, nehme ich an. Ganz speziell für Sie gestalte ich das noch einmal um. Was würde Ihnen denn gefallen? Lilien? Oder Nelken? Vielleicht eine ausdauernde Staude?“

Mir egal, dachte Stengard. Er hatte das Gefühl zu fallen, tiefer und tiefer. Sollte diese Mörderin doch pflanzen, was sie wollte. Solange es nur kein Teestrauch war.